Studie: Die Aengste der Deutschen 2008

Von | September 5, 2008

Immobilienkrise und explodierende Energiepreise, extreme Wetterlagen und Unruhen im Kaukasus: Dies waren wichtige Themen der letzten Monate. Aber wovor fürchten sich die Deutschen wirklich am meisten?

Diese und viele weitere Fragen beantwortet die repräsentative Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“, die das Infocenter der R+V Versicherung seit 1991 jährlich in Auftrag gibt.

Rund 2.400 Menschen ab 14 Jahren geben dabei Auskunft über persönliche Ängste, aber auch über Sorgen, die sie sich um Gesellschaft, Wirtschaft und Politik machen. Die Ergebnisse der bundesweit einzigen Langzeitbeobachtung zu den Ängsten der deutschen Bevölkerung wurden am 4. September 2008 in Berlin vorgestellt.

Rekordhoch: 76 Prozent der Deutschen haben große Angst vor Preissteigerung

Konjunkturflaute drückt die Stimmung – Furcht vor Naturkatastrophen wieder auf Platz 2 – Gesundheit wird zu finanziellem Risiko

Berlin, 4. September 2008. „Mehr als drei Viertel aller Deutschen sind sich einig: Die allergrößten Sorgen bereiten ihnen die immens steigenden Kosten für das tägliche Leben“, erläuterte Rita Jakli, Leiterin des Infocenters der R+V Versicherung, das zentrale Ergebnis der Studie „Die Ängste der Deutschen 2008“ heute in Berlin. Seit vielen Jahren ist die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten Thema Nummer 1 bei den Deutschen. Jetzt ist sie nochmals dramatisch angestiegen um zehn Prozentpunkte von 66 auf 76 Prozent – den höchsten Wert seit Beginn der R+V-Langzeitstudie im Jahr 1991. Gleichzeitig sinkt das Vertrauen in die Wirtschaft. 58 Prozent aller Deutschen befürchtet eine Verschlechterung der Wirtschaftslage – ebenfalls zehn Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr. Weiterhin auf hohem Niveau: mit 58 Prozent die Angst vor Naturkatastrophen. Und jeden Zweiten beschäftigen intensiv die Sorgen, im Alter pflegebedürftig zu werden oder schwer zu erkranken. Die Furcht vor Krieg und Terror steht nicht mehr im Zentrum des Interesses. Hier verzeichnet die R+V-Studie den stärksten Rückgang.

Zum 18. Mal hat das R+V-Infocenter 2008 in einer repräsentativen Studie rund 2.400 Bürger in Deutschland nach ihren 16 größten Ängsten befragt. Ergebnis: Wachsende Sorgen um steigende Preise und die eigene Gesundheit drängen die Furcht vor Terror und Krieg deutlich in den Hintergrund. Insbesondere die hohen Energiekosten und die steigenden Lebensmittelpreise bewegen die Gemüter wie nie zuvor. Das strahlt auch auf die Bewertung der Wirtschaftslage aus. „Es ergibt sich eine erhebliche Diskrepanz zwischen der realen Konjunktur und der gefühlten“, erklärt Professor Dr. Manfred Schmidt, Politologe an der Universität Heidelberg und Berater des R+V-Infocenters. Die gefühlte Wirtschaftslage hat sich sehr verschlechtert, obwohl die gesamtwirtschaftliche Lage noch vergleichsweise gut sei. „Aber das ist nicht überraschend“, so der Politologe. „Preisstabilität ist in Deutschland ein hohes Gut. Und dieses Gut sieht die Bevölkerung in großer Gefahr. Das schürt tief sitzende Inflationsängste und weckt auch Zukunftsängste.“ Ein Beispiel: Die Sorge, im Alter auf den gewohnten Lebensstandard verzichten zu müssen, ist um drei Prozentpunkte auf 41 Prozent gestiegen.

Angst vor Naturkatastrophen trennt Ost und West

Starkregen, Überschwemmungen und Hagelstürme sorgen dafür, dass die Angst der Deutschen vor Naturkatastrophen auf sehr hohem Niveau bleibt. Mit 58 Prozent liegt sie gemeinsam mit der Furcht vor Verschlechterung der Wirtschaftslage bundesweit wieder auf Platz 2. Dabei räumen die Westdeutschen diesem Thema eine deutlich höhere Priorität ein als die Bürger der neuen Bundesländer: Mit 61 Prozent rangiert diese Angst im Westen auf Platz zwei, mit 15 Prozentpunkte weniger rutscht sie im Osten auf Platz 9. „Umweltpolitische Themen sind im Bewusstsein der Westdeutschen stärker verankert – seit der Ökobewegung der 70er Jahre und dem parteipolitischen Aufstieg der Grünen“, erklärt R+V-Experte Schmidt. „Diese Erfahrung fehlt in den neuen Bundesländern.“

Angstmacher: Alter, Krankheit, Pflege

Über die Hälfte der deutschen Bevölkerung hat große Sorgen, später pflegebedürftig zu werden (53 Prozent) oder schwer zu erkranken (51 Prozent) – diese Ängste stehen 2008 auf den Plätzen 4 und 5. „In Deutschland ist die Alterung der Bevölkerung sehr weit fortgeschritten. Die Ängste vor dem Pflegefall-Risiko sind somit ganz real“, meint der Politologe Schmidt. „Zudem befürchten viele, dass die staatlichen Sicherungssysteme im Pflege- und Krankheitsfall nicht ausreichen. Und sie haben Angst, schwere Krankheiten und den Pflegefall finanziell nicht aus eigener Kraft bewältigen zu können.“ Die bedenkliche Entwicklung dieser Sorgen zeigt sich am besten im Vergleich mit 1991. Zu Beginn der R+V-Studie fürchteten sich lediglich 22 Prozent der Deutschen vor einer schweren Erkrankung, und das Thema Pflegefall war nur für 30 Prozent der Bevölkerung ein großes Problem – heute sind es bei beiden Fragen rund doppelt so viele.

Nur noch wenige Unterschiede zwischen Ost und West

Die Ängste in Ost und West gleichen sich weiter an. Es zeigen sich nur noch wenige
gravierende Unterschiede: Die Westdeutschen liegen bei den Ängsten vor
Naturkatastrophen und Terrorismus vorn, die Ostdeutschen fürchten sich mehr
vor der eigenen Arbeitslosigkeit und einem sinkenden Lebensstandard im Alter.
Weitere Ergebnisse der Studie in Kurzform:

– Politiker: Die Bürger haben mehr Vertrauen in die Politik – die Befürchtung, die
Volksvertreter sind von ihren Aufgaben überfordert, rutscht von Platz 5 auf
Platz 6. Allerdings benoteten 51 Prozent der Bürger die Leistungen der Politiker
mit der Schulnote mangelhaft oder ungenügend.

– Frauen: Sie blicken sorgenvoller in die Zukunft. Lediglich die Angst, arbeitslos
zu werden, ist bei den Männern größer. Die Furcht vor einem Scheitern ihrer
Beziehung hat bei Frauen um vier Prozentpunkte zugenommen (23 Prozent).
– Altersgruppen: Nur bei der Generation 40- bis 59-jährigen ist die Angst vor der
Zukunft leicht gestiegen, die Jugend hat mehr Zuversicht.

Quelle: R+V Versicherung
www.ruv.de

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