Westfalenpost: Telekom im Zwielicht – Spitzel-Skandal wird Fall für Staatsanwalt
Von Sven Nölting
Dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Telekom einleitet, war zu erwarten. Dass Ex-Konzernchef Ricke und der frühere Aufsichtsratsboss Zumwinkel die Hauptverdächtigen sind, ebenfalls. Angesichts der schweren Rechtsverstöße, die im Bespitzelungsskandal schon jetzt publik geworden sind, wäre alles andere überraschend gewesen. Absehbar war auch, dass sich die Überwachungsopfer wehren würden. Mit ihrer Strafanzeige für mutmaßlich ausspionierte Arbeitnehmervertreter machen die Gewerkschaften den Anfang. Weitere Anzeigen bespitzelter Journalisten dürften folgen – spätestens dann, wenn die Auftraggeber der Schnüffel-Attacke ermittelt sind. Doch hier liegt das Problem: Der Skandal wirft bislang nur Fragen auf, geklärt ist eigentlich nichts. Ricke und Zumwinkel waschen ihre Hände in Unschuld – wenigstens bis zum Beweis des Gegenteils. Ausmaß, Dauer, Details der Spitzelei – auch völlig ungewiss. Und trotz der groß angelegten Razzia ist zu fürchten, dass die Fahnder zu spät gekommen sind und manches im Dunkeln bleiben könnte. Weil die Telekom den ersten entdeckten Spitzel-Fall 2007 nur intern bereinigt hat, ist zweifelhaft, ob fast ein Jahr später noch genug belastendes Material zu finden war. Telekom-Chef Obermann wird nicht verdächtigt, in die Affäre verwickelt zu sein. Aber die verzögerte Öffentlichkeitsoffensive könnte ihm noch zum Verhängnis werden – je nachdem, was die Ermittler zu Tage fördern. Erst wenn die Verantwortlichen identifiziert und Skandaldetails bekannt sind, wird sich herausstellen, wieviel das Treuebekenntnis der Bundesregierung für Obermann wert ist. (Westfalenpost)